18November
2019

Kambodscha: nicht nur Angkor Wat, sondern auch Khmer Rouge

Im letzten Eintrag hat sich der Chronist von den Tempeln der Vergangenheit vor ca. 1000 Jahren der Gegenwart zugewandt. Gehen wir dennoch in der heutigen Zeit ein Stück zurück, in die 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Denn auch dieses sehr dunkle Kapitel gehört zur kambodschanischen Geschichte. Die Folgen sind nach wie vor sichtbar bzw. zu spüren.

Verkürzte Blog-Darstellung, die der Thematik natürlich nicht gerecht wird: Nach der entscheidenden französischen Niederlage in der Schlacht von Dien Bien Phu im Frühjahr 1954 endete die französische Kolonialzeit in Indochina mit der Indochinakonferenz im Juli 1954. Es folgten der Vietnamkrieg und der kambodschanische Bürgerkrieg, in gewisser Weise Stellvertreterkriege. Denn der kalte Krieg war bereits in vollem Gange. Im April 1975 siegten in Kambodscha die kommunistischen Khmer Rouge unter Pol Pot. Sie errichten ein Schreckensregime, das von 1975 - 1979 zum Genozid der Roten Khmer an der eigenen Bevölkerung führte („Killing Fields“). Je nach Schätzung verloren 750.000 - 2 Millionen der damals knapp 8 Millionen Kambodschaner ihr Leben, möglicherweise ca. 40% davon durch Hunger und Krankheiten.

Geblieben sind schlimmste Erinnerungen in einer Mehrzahl der Familien, auch bei unseren beiden Guides. Und Landminen aus dem Bürgerkrieg als ständige Gefahr noch in vielen Landesteilen, insbesondere im Hinterland. 2 bis 3 Millionen Sprengkörper soll es allein noch im Grenzgebiet zu Thailand geben. 4 bis 6 Millionen im ganzen Land. Bis heute führt dies jährlich zu Minenopfern in der Bevölkerung. Bis 2025 soll die Welt Landminen frei sein, sagen die Vereinten Nationen…

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Ohne Guide geht es einen Tag mit dem Tuk Tuk durch Siem Reap und Umgebung. Der Besuch im War Museum Cambodia ist bedrückend; die Schilderungen des Museums-Guides zu Minen und Sprengfallen sind es erst recht.

Der Tag startete mit Abholen per Tuk Tuk um 5 Uhr 30 nach dem uralten Werbespot (meiner Generation, Gruß an dieser Stelle an "Du weißt schon wen" 😉): Wer wird denn gleich in die Luft gehen? Wir, wir gehen gleich in die Luft. Denn Start mit dem Ultralight-Flieger und Pilot Eddie ist für 6 Uhr angesetzt. Kurze Einweisung: don’t touch anything, I’ll manage everything, relax and enjoy. Dann praktische Tipps für die Fotos, denn Eddie ist auch Profifotograf. Hm, daran hatte der Fotochronist nicht gedacht: Blickt mal durch einen Kamerasucher mit nem dicken Helm inkl. Visier auf dem Kopf. Ist echt schwierig. Da gilt es beim Ausrichten genug Zielwasser zu trinken und zu hoffen, dass die Richtung stimmt. Und dann die Belichtung: mit 150 km/h 250 Meter über Grund = Belichtungszeit max. 1/1000 Sekunde. Automatik geht nicht. Also im Cockpit sitzend alles umstellen. Ging natürlich anfangs schief (hello Murphy, schön, dass Du auch mitfliegst…). Korrektur im Flug war semi-erfolgreich. Den Rest muss die Bildbearbeitung richten. Hat sie ganz leidlich gemacht, vgl. Angkor Wat. Das ist der Tempel mit dem vielen Wasser ringsrum. Hinweis zum Schluss: Die Landebahn ist der rote Erdstreifen links im Luftbild. Fazit: toller Flug, klasse Views, super Erlebnis.

Am Nachmittag hat uns die Tourismusbranche wieder fest im Griff. Nach der chronistischen (gibt’s so etwas überhaupt?) Tourenplanung (cTP) steht ein tolles Sonnenuntergangsszenario auf dem Programm. Und? Genau: ein dazugehöriger Tempel. Muss-man-gesehen-haben-Punkt, allerdings nur der drittbeste. Nicht mal für den zweitbesten hat es gereicht (Werbeadaption, ich weiß). Die üblichen anderen Sunset-Verdächtigen, zwei Tempel auf Hügeln um Angkor Wat, sind abends megavoll. Einer hat bereits eine Touri-Begrenzung von 300. Dann machen die Tempelwächter den Zugang dicht. Im Vorgriff auf Späteres: klar, dass auch diese beiden Tempel in der cTP Berücksichtigung gefunden haben, nahezu „mitohne“ anderen Touris. Wie gesagt oder geschrieben, auf den passenden Zeitpunkt kommt es an.

Aber der Sunset. Fahrtzeit mit dem Tuk Tuk und Aufstieg zum Tempel - liegt auf einem Berg, okay: Hügel - alles eingeplant. Und der Tuk Tuk-Fahrer gibt als Startzeit 45 Minuten später als vorgestellt vor. Nachgefragt, ob das auch alles passt bis zum Sonnenuntergang? Sir, yes Sir. Was will man machen. Er ist der Spezialist vor Ort. Also rein ins offene Gefährt. Tuk Tuk als Transportmittel ist dem Lesenden (Obacht: genderkorrekt! Der Chronist hat hier einen passenden Begriff gefunden.) sicher bekannt. Auf den hiesigen Staub- und Schlaglochstraßen hat diese Exkursion ca. 12 km Richtung Südwesten in die Nähe des Tonle Sap-Sees einen gewissen Abenteuer-Charakter. Der für viele Chinesen (die sind immer für Vergleiche gut) obligatorische Krankenhaus-Mundschutz wäre hier nützlich gewesen. Haben wir aber nicht. Und es geht auch „oben ohne“ ganz gut.

Am Tempel angekommen, zeigt sich das ganze Dilemma der Tuk Tuk-Fahrer-Planung. Die Tempelanlage, an der man vorbei muss, steht auf dem 140 m hohen Phnom Krom. Aufstieg ca. 20 Minuten. 140 Meter sind ja kein Thema. In Nepal waren es über 6.000 mehr. Aber: hier alles Treppenstufen bei schwüler Hitze. Und natürlich geht die Sonne gleich zweimal unter. Wie das? Ganz einfach. Zunächst hinter den Wolken, ca. 20-30 Minuten vor dem eigentlichen Sonnenuntergang. Dann astronomisch korrekt, hätte man denn einen klaren Horizont. Und damit wird die Zeit knapp. Die geneigte Leserschaft, soweit sie den Chronisten kennt (also alle…) weiß, dass dieser situativ zur Eile antreiben kann. Insbesondere, wenn es um Sonnenauf- und -untergänge geht. Namibia und die USA lassen grüßen 😉

Kurz und gut, wir erreichen den Tempel rechtzeitig, just in time (Belegfotos im Anhang), und auch der Sunset Nr. 1 passt. Wenn auch die besten Plätze bereits belegt waren. Von? Ha, falsch! Locals.

Soviel für heute.