17November
2019

Tempel (fast) ohne touristische Wettbewerber

Erstaunlich, wie wenig Zeit bleibt, obwohl das Tagwerk des Durchschnitts-Touris (sind wir das hier nicht alle?) in der Regel mit dem Sonnenuntergang abgeschlossen ist. Okay, Abendessen und vielleicht noch ein kleiner verspäteter Sundowner. Tatsächlich zeigt sich für den Chronisten, dass nach einem vollen Tag „on the road“ mit viel Informationsaufnahme nach dem obligatorischen Absacker an der Hotelbar Schluss ist. Verschiedene Versuche, den Blog qualifiziert weiterzuführen, sind gescheitert.

Daher nun, nachdem wir reif für die Insel und auf dieser auch angekommen sind, eine detaillierte Beschreibung der letzten Tage mit genauem geschichtlichem Abriss aller Tempel. Nein nein, das mutet der Chronist weder anderen noch sich selbst zu.

Das Wesentliche der Touristischen Tempel Tour (TTT) - für Insider: nicht zu verwechseln mit Tripple H 😉 - ist die richtige Reihenfolge der für einen Tag geplanten Besichtigungen. Und hier kommt der entscheidende Erfolgsfaktor zum Zuge: ein qualifizierter Guide. Okay, im WWW sind sie das alle: Perfect english, Sir; best knowledge of all temples and history; know who to avoid the crowds; best photoview and spots with the best light;and everything else you want to know, Sir, yes Sir. 😊

Unsere beiden Guides hatten es tatsächlich drauf und begleiteten uns an unterschiedlichen Tagen. Yan Phon auf Deutsch, Chamnan Sip auf Englisch. Die grobe Tagestourenplanung des Chronisten haben die beiden jeweils locker optimiert. Konsequenz: an einzelnen Tagen gab es gar keine touristischen Konflikte mit den unausweichlichen großen chinesischen Gruppen: Die waren noch nicht oder nicht mehr am Spot. Und an allen Tagen vermieden wir allzu große Begegnungen. Denn der normale chinesische Tourist (lat. touristicus chinesensis communis 😉) hat verschiedene andere Touris störende Eigenschaften: immer in großen Gruppen, in straffem Kommandoton geführt, stets laut, immer im Bild und dabei völlig schmerzbefreit. Um selbst auf „das“ Bild zu warten, brauchte der Chronist an vielen Stellen ein hohes Maß an Geduld. Und ja: Häufig ist das gelungen. Dabei ebenfalls häufig ein wissendes Lächeln mit dem nächsten - nicht chinesischen - fotoaffinen Besucher austauschend. Leidensgefährten eben.

Der andere Trick: einfach Ziele auszusuchen, die ab vom Schuss liegen. Off the beaten track, wenn man die sogenannten geheimen Highlights googelt. Hatte Erfolg. Aber dazu später mehr.

Nachmittags am ersten Tag zum Tempel Beng Mealea. Ein Highlight. Und nachmittags kaum einer dort. Für den Massentouristen (huch, sind wir ja auch…) eben ein Vormittagsziel. Die Anlage ist im Vergleich zu anderen Tempeln sehr groß. Deshalb hält sich der ordentliche Touri auch an den Hinweis „this way è“. Gut, wenn man seine eigene Kleinstgruppe mit eigenem Guide ist. Denn nur dort, wo „no climb“ oder „unsafe area“ steht, darf man nicht hin oder rein. Anmerkung: „unsafe area“ bedeutet nicht, dass in dem Gebiet noch mit Landminen zu rechnen ist. Die wesentlichen Tempelbezirke und weite Landstriche sind zum Glück mit internationaler Hilfe geräumt. Zu diesem dunklen Thema der kambodschanischen Geschichte komme ich in einem der nächsten Einträge.

Was fasziniert den Berichterstatter und Gruppenphotographen bei all diesem Tempeln am meisten, soweit vorhanden? Der Mix aus Licht und Schatten, Moos und sonstigem Bewuchs, Bäumen mit exotischer Wurzelbildung und das alles kombiniert mit Tempelruinen und deren zusammengestürzten Resten. Dazu das feuchtwarme Klima mit den entsprechenden Gerüchen. Das Ganze ist teils mit einem unwirklichen Flair umgeben. Im Zwielicht und mit Fantasie könnte jederzeit ein Dino aus Jurassic Park auftauchen, z.B. ein freundlicher Velociraptor. Oder eben Lara Croft. Aber zu der kommen wir später. Zur Beruhigung der geneigten Leserschaft: hauptsächlich mit Bilden und wenig Kommentar.

Zurück zum Tempel: Guide Yan kennt die Anlage gut. Über die ca. 3 Meter hohen Reste einer zusammengestürzten ehemals überdachten Galerie, die den gesamten Tempelkomplex umgibt, geht es durch große Steinblöcke in einen von außen nicht sichtbarem Innenhof. Verschattet, grünlich, etwas mystisch angehaucht. Dann zwischen ca. 1,5 Meter hohen Säulen unter einem Mauerrest hindurch, ein weiterer Innenhof, in der hinteren Hofecke erneut über Trümmerblockwerk zwischen Mauer und Baum um eine Gebäudeecke, dann durch enge dunkle und moosgewachsene Gänge und Türen, deren massive Rahmen auch nach über 1000 Jahren hoffentlich noch halten. Et voilà: ein weiterer Innenhof, geradezu verwunschen, mit Säulenfenstern, aus dem Felsen gemeißelten Figuren und und und. Der Chronist bleibt noch, nachdem die restliche Gruppe + Guide den Ort bereits wieder verlassen hat. Fotos machen und Atmosphäre einsaugen.

Und dann ganz plötzlich aus der Luft in klassischem Sächsisch (oder ähnlich): Wie kommt man denn da hin? Tja, eine größere geführte - nichtchinesische - Reisegruppe auf dem Normalweg. Eben. Normalweg. Spontane Antwort von unten nach oben: „Am Eingang rechts über die Mauer, über den Innenhof zwischen den Säulen hindurch, links hoch um die Ecke und durch den Gang.“

Ob die Gruppe diesen Innenhof wohl von innen gesehen hat?

Nächster Stopp: Nightlife und Downtown Siem Reap

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